«Das Auto bleibt mit Emotionen verbunden»

Elektroautos sind umweltschonender als Verbrenner. Doch was tun, wenn potenzielle Käuferinnen und Käufer (noch) skeptisch sind? Antworten von Jean-Marc Geiser, beim Bundesamt für Energie (BFE) für die Promotion energieeffizienter Autos zuständig.

  • Interview: Nelly Jaggi, Redaktorin VCS-Magazin
  • 28. April 2022
Fahr mit dem Strom: die neue Informations-Kampagne von EnergieSchweiz.
Bild: EnergieSchweiz


Jean-Marc Geiser, wer kauft sich ein neues Auto?

Kein Auto zu besitzen, schien für viele noch vor wenigen Jahren unvorstellbar. Auch wenn sich das Alter des Zielpublikums nicht wesentlich verändert hat, sind es vor allem Bewohnerinnen und Bewohner ländlicher Gegenden, die zum Kauf eines Neuwagens neigen. Doch wer heute ein neues Auto kauft, stellt sich mehr Fragen zu Technologien, Energie, Folgen für die Umwelt und alternativen Lösungen. Das Auto bleibt mit Emotionen verbunden und wird vor allem von jenen Personen bevorzugt, bei denen die Alternativen ihre Bedürfnisse nicht abdecken können.

Denken potenzielle Käuferinnen und Käufer heute an Elektroautos oder liegen Hybridautos, Benziner oder Dieselauto (noch) näher?

Die Gesamtkosten, die verschiedenen Einschränkungen in den Städten, die Lieferprobleme für Neuwagen, die finanziellen Anreize, die Umwelt und die Selbständigkeit sind einige Beispiele für die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Wahl des Transportmittels und der Antriebsart. Das Fahren eines Elektroautos sorgt für ein neues Gefühl und die Zahlen zeigen, dass sich immer mehr Leute dafür entscheiden. Heute sind zwei von zehn neu immatrikulierten Autos wiederaufladbar, eine grosse Mehrheit davon vollständig elektrisch. Die Autobranche geht sogar davon aus, dass die alternativen Antriebe bereits 2025 die Mehrheit des Schweizer Markts bei den neuen PKWs ausmachen werden.

Das BFE fokussiert mit seiner neuen Kampagne «Fahr mit dem Strom» auf den Kauf von Elektroautos. Welche Bedenken gilt es auszuräumen?

Objektiv gesehen bieten Elektroautos heute energiemässig die effizienteste Technologie und haben auch die beste Ökobilanz im gesamten Lebenszyklus des Autos. Die grössten Bedenken und andere Vorurteile betreffen die Fragen rund um die Batterie (Herstellung, Betriebsdauer, Ladegeschwindigkeit, Recycling) und die Ladeinfrastrukturen, doch auch die Kosten, die technologische Zuverlässigkeit und der Mangel an Modellen schüren gewisse Ängste.

Wie kann gegen diese Ängste getan werden?

Eine gut durchdachte «Kundenreise» soll Vorurteile ausräumen, Antworten auf offene Fragen geben und schliesslich in konkrete Handlungen münden wie zum Beispiel: eine Probefahrt mit einem Elektroauto machen, das Dach des eigenen Hauses in eine Solarladestation umwandeln oder die Lademöglichkeiten in der Nähe entdecken.

«Fahr mit dem Strom» umfasst breite Informationen zu Elektroautos, verzichtet aber auf Kaufempfehlungen. Doch punkto Energieeffizienz sind die Unterschiede bei den Elektroautos gross. Was tut das BFE gegen die Übermotorisierung?

Auch wenn ein Elektroauto von 2,5 Tonnen nicht wirklich Sinn macht, ist es der Markt, der die Trends von Angebot und Nachfrage diktiert. Von Seiten des BFE stellen wir verschiedene Werkzeuge zur Verfügung, um die Energiewende im Bereich der Mobilität zu erleichtern, so zum Beispiel die Energieetikette, mit welcher der Treibstoffverbrauch, die CO2-Emissionen und die Energieeffizienz sofort ersichtlich sind. Umgesetzt werden auch verschiedene Projekte zur Förderung des Veloverkehrs und des Carsharings sowie Aktionen für und mit Unternehmen und Gemeinden.

Experte für energieeffiziente Autos: Jean-Marc Geiser vom Bundesamt für Energie.