Das beste Auto wird nie gebaut

Ökobilanzen zeigen: Um Klima- und Umweltschäden zu reduzieren, müssen Autos elektrifiziert und leichter werden. Die Stromgewinnung muss auf erneuerbare Quellen umgestellt und die Rohstoffe rezykliert werden.

  • Anette Michel, Projektleiterin eco-auto
  • 9. November 2022
Alle Autos verursachen Umweltschäden. Die Unterschiede sind aber gross.
Illustration: blitzartgrafik


Der Dacia Spring ist aus Umweltsicht das beste Elektroauto auf dem Markt, der Toyota Prius das beste Modell mit Benzin- oder Dieselmotor. Dies zeigt die Umweltbewertung von eco-auto.info, die auf den Zulassungsdaten basiert. Ein Vergleich von Autos mit verschiedenen Antrieben ist hingegen nur mit einer Ökobilanz möglich. Ökobilanzen betrachten den ganzen Lebenszyklus von Produkten, meist für typische Modelle. Wo genaue Informationen fehlen, werden naheliegende Annahmen getroffen.

Über die Lebensdauer stösst ein Elektroauto mit knapp 30 Tonnen rund 50 Prozent weniger CO2 aus als ein Benziner.

Aktuelle Ökobilanzstudien zeigen eindeutig: Werden Elektroautos mit Strom betrieben, der wie in der Schweiz grossteils aus erneuerbaren Quellen stammt, schädigen sie das Klima weniger als Autos mit Verbrennungsmotoren. Obwohl ihre Produktion wegen der energieintensiven Herstellung der Batterie mehr CO2-Emissionen verursacht: Dank des geringeren Ausstoss im Gebrauch machen sie diesen Rückstand wett – in der Schweiz nach rund 30‘000 Kilometern. Über die Lebensdauer stösst ein Elektroauto mit knapp 30 Tonnen rund 50 Prozent weniger CO2 aus als ein Benziner.

Erneuerbare Stromproduktion zentral

Unter welchen Voraussetzungen ein Elektroauto besser abschneidet als ein Benzinmodell, haben Romain Sacchi und Christian Bauer vom Paul Scherrer Institut (PSI) untersucht. «Der wichtigste Parameter ist, wie viel CO2 bei der Stromherstellung anfällt. Liegt die CO2-Intensität des Strommixes unter etwa 400 Gramm CO2 pro Kilowattstunde, sind Elektroautos im Vorteil», sagt Bauer. Zum Vergleich: der Schweizer Strom verursacht 94 Gramm CO2 pro Kilowattstunde. Je entschiedener die Stromgewinnung auf erneuerbare Quellen umgestellt wird, umso klimaschonender fahren Elektroautos. Darum muss die Elektrifizierung der Autoflotte Hand in Hand gehen mit dem Ausbau der erneuerbaren Stromproduktion. «Mehr Elektroautos auf der Strasse bedeuten mehr Stromverbrauch und dieser muss von zusätzlichen Wind-, Solar- und Wasserkraftwerken gedeckt werden», bestätigt Bauer. Basiert auch die Herstellung der Autos auf erneuerbarer Energie, verbessert dies die Klimabilanz weiter.

Hält der Trend zu immer schwereren Autos an, so wird nicht das volle Potential der Elektrifizierung zur Reduktion der CO2-Emissionen genutzt.

Ebenfalls grossen Einfluss hat das Fahrzeuggewicht: Schwere Autos verursachen mehr CO2-Emissionen. Der Ökobilanz-Experte mahnt: «Hält der Trend zu immer schwereren Autos an, so wird nicht das volle Potential der Elektrifizierung zur Reduktion der CO2-Emissionen genutzt.»

Mehr Feinstaub und Wasserverbrauch

Neben den Treibhausgasemissionen haben die Forscher auch andere Umweltwirkungen untersucht. Nicht bei allen schneiden Elektroautos besser ab als Verbrenner. Vor allem die Herstellung der Batterie belastet die Umwelt stark – etwa durch Feinstaubemissionen und hohen Wasserverbrauch bei der Rohstoffförderung.

Bremst also die Umstellung auf Elektroautos zwar den Klimawandel, verschärft aber andere Umweltprobleme? So pauschal könne man das nicht sagen, meint Bauer: «Bei einigen Indikatoren – etwa beim Feinstaub – hängt die Umweltwirkung stark vom Ort der Emissionen ab. Dieser wird aber in unseren Berechnungen nicht erfasst.» Während Elektroautos bei deren Herstellung viel mehr Feinstaub verursachen als Verbrenner, entsteht beim elektrischen Fahren weniger Feinstaub – gerade in der Stadt, wo viele Menschen betroffen sind, reduzieren sich damit Gesundheitsschäden.

Recycling elementar

Eine fundierte Aussage zur Gesamtumweltbelastung ist also kaum möglich. Bei Umweltproblemen in Zusammenhang mit der Förderung von Metallen rechnet Bauer aufgrund des Elektrobooms aber mit einer Zunahme: «Die Batterien der Elektroautos enthalten viel Nickel, Kobalt, Lithium, etc. Deswegen ist es zentral, dass möglichst viel rezykliert wird.»

Technisch können die Batterierohstoffe fast vollständig rezykliert werden, und in der EU werden aktuell strenge Anforderungen an das Batterierecycling verabschiedet. Doch in den kommenden Jahrzehnten wird der Bedarf an Batterierohstoffen massiv ansteigen, während erst wenige Autobatterien ihr Lebensende erreichen und ins Recycling kommen. Deswegen braucht es zusätzlich eine Reduktion der Fahrzeugflotte. Auch mit Recycling hat ein Elektroauto in der Ökobilanz nämlich keine Chance gegen den öffentlichen Verkehr oder Velos.

Mit dem Online-Tool Carculator ermöglicht das Paul Scherrer Institut (PSI), Ökobilanzen für beliebige Autos zu modellieren. Neben den Fahrzeugparametern können auch verschiedene Umweltindikatoren ausgewählt werden, beispielsweise Treibhausgasemissionen oder Wasserverbrauch.