Die Zukunft fährt elektrisch

Sinkende Herstellungskosten und tiefere Betriebskosten: Elektroautos werden sich in den kommenden Jahren durchsetzen. Das ist dringend nötig, denn um die Klimaziele zu erreichen, muss der Strassenverkehr zukünftig ohne Benzin und Diesel auskommen.

  • Martin Winder
  • 7. April 2022
In vielen Fällen ist ein Elektroauto heute bereits wirtschaftlicher als ein Benzin- oder Dieselauto.
Bild: VCS / Nelly Jaggi


Die Treibhausgas-Emissionen müssen drastisch sinken – geht es nach dem Bundesrat, erreichen wir Netto-Null bis 2050. In Anbetracht der Erkenntnisse der Klimaforschung sollte dieses Ziel jedoch so rasch wie möglich erreicht werden. Denn je mehr Treibhausgase in die Atmosphäre gelangen, umso höher sind die Folgeschäden. Zentral für das Erreichen von Netto-Null ist eine Abkehr von fossilen Energieträgern. Autos, Lieferwagen und Lastwagen wird es auch in Zukunft geben. Diese Fahrzeuge ausschliesslich mit erneuerbarer Energie zu betreiben, ist nur möglich, wenn es sich grösstenteils um Elektrofahrzeuge handelt.

Verbrennungsmotor hat ausgedient

Auch an Biotreibstoffen und synthetischen Treibstoffen wird geforscht. Diese könnten jedoch nur eine untergeordnete Rolle spielen, sagt Daniel Sutter. Er ist Geschäftsleiter des Forschungsinstituts Infras und hat für den VCS Szenarien für einen fossilfreien Verkehr erarbeitet. Beide Varianten hätten erhebliche Nachteile: «Das Potenzial an umweltfreundlichen Biotreibstoffen ist so beschränkt, dass sie keine entscheidende Rolle für einen fossilfreien Verkehr spielen können. Für Personenwagen werden synthetische Treibstoffe zu teuer und knapp sein.» Letztere dürften laut Sutter primär von jenen Verkehrsträgern gebraucht werden, die nicht auf elektrische Antriebe umstellen können: etwa der Luftverkehr und die (Güter-)Schifffahrt.

«Elektrisch angetriebene Personenwagen führen über den gesamten Lebenszyklus zu deutlich geringeren Treibhausgas-Emissionen als fossil betriebene Fahrzeuge. Auch die gesamten Umweltkosten von Elektroautos sind deutlich geringer als von Verbrennern», so Sutter.

Um rechtzeitig aus den fossilen Treibstoffen aussteigen zu können, müssen die Verkaufszahlen von Verbrennerfahrzeugen rasch sinken. Soll der Fahrzeugbestand bis 2050 grösstenteils aus Elektroautos bestehen, muss der Verkauf von Verbrennern bis 2030 beendet werden. Denn einmal in Verkehr gesetzt, bleiben Autos im Schweizer Durchschnitt etwa 18 Jahre in Betrieb.

Sinkende Kosten, besseres Recycling

Dank technischer Fortschritte sinken die Kosten für Elektroauto-Batterien. Damit werden auch die Fahrzeuge günstiger. So sind in der Schweiz bereits heute neue Elektroautos für unter 20 000 Franken erhältlich. Und der Trend ist klar: Die Anschaffungskosten für Elektroautos werden weiter sinken. Laut einer aktuellen Studie des Forschungsinstituts BloombergNEF sollen die Preise von Elektroautos in Europa zwischen 2025 und 2027 das Niveau von vergleichbaren Verbrennervarianten erreichen. Die Verkäufe von Verbrennerfahrzeugen werden dann vermutlich stark zurückgehen.

Die Betriebskosten für Elektroautos liegen heute schon deutlich tiefer als jene von Verbrennern. Betrachtet man die Kosten über die gesamte Lebensdauer eines Autos – die sogenannten «total costs of ownership, TCO» – ist ein Elektroauto in vielen Fällen bereits heute wirtschaftlicher als ein Benzin- oder Dieselauto.

Die Betriebskosten für Elektroautos liegen heute schon deutlich tiefer als jene von Verbrennern.

Fortschritte macht auch das Recycling der Elektroautos, beziehungsweise derer Batterien. Neue Verfahren ermöglichen es, die Batterierohstoffe wieder in ausreichend hoher Reinheit zurückzugewinnen. Dies ist wichtig, um die Umweltbelastung von Elektroautos weiter zu reduzieren. Die EU fördert diese Entwicklung mit entsprechenden Vorschriften, auch um die Rohstoffverfügbarkeit für die Batterieherstellung in Europa zu verbessern. Darüber hinaus gibt es auch Projekte, bei denen der Einsatz alter E-Auto-Batterien als stationäre Stromspeicher erprobt wird. Damit kann die Einsatzdauer der Batterien nochmals deutlich verlängert werden.

Den Umstieg wagen

Der Ausstieg aus den fossilen Treibstoffen wird entsprechend unweigerlich kommen. Der Trend geht klar in Richtung elektrische Antriebe und die Angebotspalette an Elektroautos wächst. Wer jetzt sein Fahrzeug wechselt und nur Benzin- oder Dieselmodelle in Betracht zieht, setzt auf die falsche Karte – insbesondere zumal die Elektrofahrzeuge nunmehr auch zu erschwinglichen Preisen erhältlich sind.

Jedoch ist der VCS der Ansicht, dass es neben der Marktentwicklung auch politische Massnahmen (etwa Ausstiegsdaten und Verbote) braucht. Diese werden die Entwicklung und die Markttransformation befeuern und beschleunigen. Letztlich führt uns die russische Invasion in der Ukraine mit aller Deutlichkeit vor Augen, wie stark unsere Mobilität und die ganze Gesellschaft von Benzin und Diesel (auch von Öl und Gas) abhängig sind und wie problematisch dies ist.

Ladestationen für Mieterinnen und Mieter

Laden zu Hause ist für Mieterinnen und Mieter heute oft nicht einfach. Sie sind vom guten Willen der Liegenschaftsbesitzerinnen und -besitzer abhängig. Diese können die Installation von Ladestationen bei gemieteten Parkplätzen ohne Angabe von Gründen verweigern. Das Gleiche gilt für Stockwerkeigentümerinnen und -eigentümer, die für die Installation einer Ladestation die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft benötigen. Doch dies könnte sich bald ändern. Nationalrat Jürg Grossen (GLP) hat eine Motion eingereicht, die Mieterinnen oder Stockwerkeigentümern das Recht auf die Installation einer Ladestation gewähren will.

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