Ein fauler Kompromiss

Plug-in-Hybride können sowohl mit Strom aus der Steckdose, als auch mit Benzin oder Diesel fahren. Daher werden sie gerne auch als «das Beste aus zwei Welten» verkauft. Leider kombinieren Plug-in-Hybride in der Realität eher die Nachteile von E-Fahrzeugen mit jenen von Verbrennern.

  • Martin Winder Projektleiter Auto-Umweltliste
  • 18. Dezember 2021
Bereits mit vollgeladener Batterie (Elektrobetrieb) lagen die CO₂-Emissionen der drei getesteten Modelle deutlich über den Hersteller-Angaben. Im Verbrenner-Modus und im Charge-Modus stossen die Autos nochmals deutlich mehr CO₂ aus.
Bild: VCS/ Quelle: Emissions Analytics und die jeweilige PHEV Konformitätsbescheinigungung


Die Autoverkäufe sind im vergangenen Jahr stark gesunken. Die Plug-in-Hybride (PHEV) konnten sich diesem Trend nicht nur entziehen, sondern legten sogar ein beeindruckend starkes Wachstum hin. Dies hängt auch mit der Verschärfung des CO2-Zielwerts für Neuwagen zusammen, welche seit dem 1. Januar 2020 gilt. Die Importeure mussten den CO2-Ausstoss ihrer 2020 verkauften Autos im Vergleich zu den Vorjahren stark absenken. Dies gelang insbesondere mit Elektroautos und PHEV. PHEV haben neben einem Verbrennungsmotor auch einen Elektromotor und eine Batterie an Bord. Die Batterie lässt sich an der Steckdose aufladen und soll je nach Modell zwischen 30 und 80 Kilometer rein elektrisches Fahren ermöglichen. Die doppelte Motorisierung macht die Autos schwerer, was den Energieverbrauch in die Höhe treibt. Auf dem Papier glänzen PHEV jedoch mit sehr tiefen CO2- Werten, denn für die Berechnung des deklarierten Verbrauchs gemäss WLTP-Messstandard wird davon ausgegangen, dass die Nutzerinnen und Nutzer die Batterie ihres Autos täglich voll aufladen.

Drei bis acht Mal mehr CO2

Der Umweltdachverband Transport & Environment (T & E), liess die drei meistverkauften PHEV Europas auf ihre CO2-Emissionen testen. Der BMW X5, der Volvo XC60 und der Mitsubishi Outlander wurden von der Firma Emissions Analytics mit einer vollgeladenen Batterie unter optimalen Bedingungen getestet. Dabei emittierten sie im Vergleich zu den offiziellen Angaben der Autohersteller 28 bis 89 % mehr CO2. Bei einer leeren Batterie waren es drei bis acht Mal mehr und damit oft mehr als vergleichbare Verbrenner- Modelle. Getestet wurden die Fahrzeuge nicht im für die Verbrauchsmessung relevanten Labor-Test, sondern mit mobilen Messgeräten im realen Strassenverkehr. Wie zu erwarten war, stiegen die CO2-Emissionen im sogenannten Charge- Modus besonders stark an. Das ist ein Fahrmodus, bei dem die Batterie mit dem Verbrennungsmotor aufgeladen wird. Im Charge-Modus lag der CO2-Ausstoss sogar bis um das Zwölffache über dem offiziellen Wert. Die Messungen von T & E bestätigen frühere Studien der Deutschen Umwelthilfe und des International Council on Clean Transportation (ICCT), die zu ähnlichen Resultaten kamen.

Lange Ladezeit und geringe elektrische Reichweite

Die offiziellen elektrischen Reichweiten werden von den Fahrzeugen im Realbetrieb kaum je erreicht. Insbesondere auf der Autobahn liegt die reale Reichweite deutlich tiefer. Je nach Modell springt zudem beim Einsatz von Zusatzverbrauchern wie Heizung oder Klima-Anlage der Verbrennungsmotor an, um die nötige Leistung zu liefern. Dies kann auch bei stärkerer Beschleunigung oder Steigungen der Fall sein. Der Verbrennungsmotor kommt also je nach Fahrsituation bereits zum Einsatz, bevor die elektrische Reichweite ausgeschöpft ist.

«Die Autohersteller geben den Kunden die Schuld für die hohen CO2-Emissionen.»
Julia Poliscanova

Da die maximale Ladeleistung meist tiefer ist als bei modernen Elektroautos, können PHEV die hohen Leistungen an öffentlichen Schnellladestationen nicht voll ausnutzen, was das Nachladen unterwegs unattraktiv macht. Selbst mit der maximal möglichen Leistung dauert es mehrere Stunden, bis die kleinen Batterien dieser Fahrzeuge vollgeladen sind.

Dies zeigt, dass die Autos oft gar nicht geeignet sind, im Betrieb auf der Strasse rein elektrisch und somit klimaschonend zu fahren – selbst wenn sich die Kundinnen und Kunden darum bemühen. Die Autos sind so konstruiert, dass sie im offiziellen Verbrauchstest gute Resultate produzieren – denn daran werden die Autohersteller gemessen. Julia Poliscanova von T & E kommt zum Schluss: «Die Autohersteller geben den Kunden die Schuld für die hohen CO2-Emissionen. In Wahrheit sind die meisten Plug-in-Hybride einfach schlecht konstruiert. Sie haben schwache Elektromotoren, grosse Verbrennungsmotoren und können nicht schnellladen.»

Nicht günstiger als Elektroautos

Schaut man sich das Angebot an PHEV an, so fällt auf, dass darunter kaum Kleinwagen zu finden sind. Hauptsächlich grössere SUVs und hochpreisige Modelle sind mit diesem Antrieb ausgestattet. Die Autoimporteure bieten gerne besonders leistungsstarke und grosse Autos als PHEV an, weil sie so den Durchschnitt der CO2-Emissionen ihrer Modellpalette wirkungsvoller senken können, als wenn sie die Technik in kleineren, ohnehin sparsameren sparsameren Autos einsetzen. Zudem hat die viele Technik ihren Preis: Die meisten Modelle kosten weit über 50 000 Franken, der günstigste erhältliche PHEV ist noch immer deutlich teurer als einige beliebte, rein elektrische Modelle. Bei Modellen die mit beiden Antrieben erhältlich sind, ist die Preisdifferenz zwischen den Antriebsvarianten gering.

Fazit: Besser gleich ein richtiges Elektroauto

Wer den CO2-Ausstoss senken möchte, sollte sich gut überlegen, ob ein PHEV wirklich die richtige Wahl ist. Elektroautos sind in der Anschaffung nicht teurer als PHEV, weisen aber tiefere Betriebskosten auf. Gleichzeitig verursachen Elektroautos eine geringere Umweltbelastung. Dank steigender Reichweiten und Schnelllade-Stationen sind auch längere Strecken mit dem Elektroauto gut machbar. Wird das Auto regelmässig für lange Distanzen benötigt, ist ein PHEV ohnehin die schlechteste Variante. Hier sind Gasfahrzeuge eine gute Lösung – in einigen Jahren vielleicht auch Brennstoffzellen- Autos.

Hybrid und Mildhybrid

Im Gegensatz zu Plug-in-Hybriden können Hybridfahrzeuge oder Mild-Hybride nicht an der Steckdose aufgeladen werden. Sie laden ihre Batterie ausschliesslich über die Rekuperation beim Bremsen oder über den Verbrennungsmotor – es ist also nicht möglich, fossilfrei zu fahren. Während Hybride zumindest kurze Distanzen rein elektrisch fahren können, dient der E-Motor bei Mild-Hybriden lediglich der Unterstützung des Verbrennungsmotors. Da ihre Batterien wesentlich kleiner als die der PHEV sind, überwiegen die Effizienzgewinne den Zusatzverbrauch durch das höhere Gewicht. Hybridfahrzeuge schneiden in der Bewertung der Auto-Umweltliste oft relativ gut ab. Der Toyota Prius Hybrid führte die Auto-Umweltliste in der Vergangenheit mehrfach an.


Dieser Text wurde erstmals im März 2021 in der Auto-Umweltliste publiziert.