Wenn Blumen elektrisch geliefert werden

Blumen wurden einst mit dem Velo oder dem Mofa ausgeliefert. Nun sind Fahrzeuge der neuesten Generation im Einsatz. Das seit 1851 in der Stadt Freiburg tätige Familienunternehmen Hertig Fleurs setzt seit letztem Herbst auf einen Lieferwagen mit Elektromotor.

  • Flore Maret, Praktikantin beim VCS
  • 8. Juni 2022
Erfreute Reaktionen beim Auftauchen des E-Transporters: Adrien Hertig mit seinem Toyota Proace Electric
Bild: VCS / Flore Maret


Seit fünf Generationen wird in der Familie Hertig aus Freiburg die Leidenschaft für Blumen weitergegeben. Adrien Hertig hat die Geschäftsleitung des Unternehmens aus dem Burgquartier 1995 übernommen. Vieles hat sich in der Branche verändert. Im 19. Jahrhundert wurden in den Hertig-Gärten hinter dem Rathaus Blumen gezogen und Saatgut mit dem Velo oder dem Mofa ausgeliefert. Mit der steigenden Nachfrage nach importierten Schnittblumen und dem Online-Verkauf ab Ende des 20. Jahrhunderts ging es jedoch nicht mehr ohne Lieferwagen. Aufgrund des zunehmenden Klimabewusstseins in den letzten Jahren hat sich aber auch dieser Aspekt des Blumengeschäfts weiterentwickelt: Im September 2021 beschloss Hertig Fleurs, einen Lieferwagen des Typs Toyota Proace Electric zu beschaffen.

Elektroantrieb ja, Solarzellen nein

Nach 250 000 Kilometern mit einem dieselbetriebenen Lieferwagen fand Adrien Hertig, die Zeit für einen Wechsel sei reif. Ganz so einfach gestaltete sich die Anschaffung eines E-Lieferwagens allerdings nicht: «Wir mussten mit den Eigentümern der Liegenschaft verhandeln, um bei der Grenette eine Ladestation zu erhalten. Kämpfen musste ich nicht; aber es hat dennoch fast ein Jahr gedauert.» Schliesslich wurden zwei Ladestationen für insgesamt 15 Parkplätze installiert - allerdings keine solargespiesenen: «Wer auf Dächer mitten in der Altstadt Solarzellen montieren will, hofft vergebens auf eine Bewilligung.» Eine Umweltpolitik, die aus seiner Perspektive «komplex und widersprüchlich» bleibt.

Reichweite: passt

Welche Vorteile hat ein E-Lieferwagen abgesehen von der geringeren Umweltbelastung? «Unser Lieferwagen hat eine Reichweite von 330 Kilometern. Für unsere Branche und unser Transportgut war das nie ein Problem. Wir laden immer nachts, sogar wenn die Batterie nicht ganz leer ist, damit es am nächsten Tag auch dann reicht, wenn wir längere Strecken fahren müssen.» Im Winter macht sich ein Unterschied bemerkbar, weil die Reichweite bei tiefen Temperaturen sinkt.

Aus Hertigs Erfahrung ist ein elektrisch betriebener Lieferwagen für nicht allzu schwere Ladungen und relativ kurze Strecken in der Region gut geeignet. Auf der Autobahn hingegen steigt der Stromverbrauch beträchtlich. Alles in allem sei es «ein sehr gutes, angenehm zu lenkendes Fahrzeug, das nur wenig Unterhalt erfordert». Die Fahrer seien begeistert, die Reaktionen positiv und das Unternehmen habe ein gutes Image erhalten.

Teuer in der Anschaffung …

Der Preis des neuen Fahrzeugs war für das Unternehmen allerdings durchaus ein Problem: Ein dieselbetriebener Lieferwagen wäre für 36‘000 Franken zu haben gewesen, die Elektroversion hingegen kostete 50‘000 Franken. «Leider wurden wir weder vom Kanton noch von der Stadt unterstützt.» Für eine Verhaltensänderung wäre aus seiner Sicht ein Zuschuss durch die öffentliche Hand hilfreich: «Viele Unternehmen kaufen heute noch Dieselfahrzeuge, weil diese bei der Anschaffung günstiger sind.» Das Freiburger Kantonsparlament hat im März 2022 eine Motion überwiesen, die Fördermassnahmen zur Installation von Ladestationen in privaten Ein- und Mehrfamilienhäusern fordert. Solche Massnahmen gibt es bereits in elf Kantonen, darunter Waadt, Wallis, Genf und Bern.

… aber langfristig rentabel

Zwar ist der Kaufpreis eines E-Lieferwagens hoch, aber langfristig lohnt sich die Anschaffung, findet Adrien Hertig: «Die Kosten sind am Anfang nicht ohne. Man muss investieren können und wissen, wo sich 15‘000 Franken einsparen lassen. Über sechs oder sieben Jahre gerechnet, verliert man jedoch kein Geld.» Für rund 3000 Kilometer pro Monat liegen die Ausgaben bei 180 bis 200 Franken für die Benutzung der Ladesäule, also fast dreimal weniger als bei einem dieselbetriebenen Fahrzeug. Habe der zweite Lieferwagen für die Filiale in Marly dereinst ausgedient, will ihn der Blumenhändler durch einen E-Lieferwagen ersetzen. Zweifellos, wie er sagt.