Diesel: Jeder sechste Partikelfilter ist kaputt

Bereits seit einigen Jahren ist bekannt, dass viele Dieselfahrzeuge mit defekten Partikelfiltern unterwegs sind und darum viel mehr Feinstaub ausstossen als erlaubt. Seit Anfang Jahr sind die Strassenverkehrsämter verpflichtet, die Funktionsfähigkeit der Filter mittels einer neuen Methode zu prüfen.

  • Martin Winder, Projektleiter Verkehrspolitik VCS
  • 12. Juli 2023
Seit diesem Jahr steht den Strassenverkehrsämtern eine neue Messmethode zur Verfügung, um die Einhaltung der Partikel-Vorschriften zu überprüfen.
Bild: Adobe Stock / uleiber


Feinstaubpartikel aus Dieselfahrzeugen schaden der Gesundheit. Sie können Atemwegserkrankungen, Herz-Kreislauf-Probleme und Krebs verursachen. Der Strassenverkehr ist eine der wichtigsten Quellen für Feinstaub. Dank strengerer Abgasnormen konnten die Schadstoffmengen in den letzten Jahren zwar reduziert werden. Doch die Feinstaubbelastung bleibt eine Gefahr für die Gesundheit.

Mit der Einführung der Abgasnorm «Euro 5b» im Jahr 2013 sanken die zulässigen Feinstaubmengen auf ein Niveau, das bei Dieselfahrzeugen nur mit einem Partikelfilter erreicht werden kann. Seit einigen Jahren zeigt sich jedoch, dass viele Defekte an den Filtern durch die obligatorischen On-Board-Diagnose-Systeme nicht erkannt werden. Teilweise kommt es auch zu mutwilligen Manipulationen oder zu deren Ausbau, um teure Reparaturen zu verhindern. Unerkannte Defekte oder illegale Anpassungen haben jedoch fatale Folgen. Ein Dieselauto mit einem defekten Partikelfilter stösst bis zu 1000 mal mehr Partikel aus als ein Fahrzeug mit intaktem Filter. Daher ist eine Kontrolle durch die Strassenverkehrsämter von grosser Bedeutung für die Luftreinhaltung. Dies wurde auch in anderen Ländern erkannt: In den Niederlanden und in Belgien wird schon länger getestet; in Deutschland werden die Partikelmessungen für Euro-6-Dieselfahrzeuge ab Juli durchgeführt.

Ein Dieselauto mit einem defekten Partikelfilter stösst bis zu 1000 mal mehr Partikel aus.

Strassenverkehrsämter im Verzug

Seit Anfang dieses Jahres wird im Rahmen der Motorfahrzeugkontrollen eine neue und einfache Messmethode verwendet, um zu überprüfen, ob Dieselfahrzeuge der Abgasnorm Euro 5b oder höher die geltenden Vorschriften zur Partikelzahl einhalten. Getestet werden Personenwagen und Nutzfahrzeuge. Die Messung dauert nur ein bis zwei Minuten. Dabei wird in etwa 15% der Fälle ein defekter Filter entdeckt. Allerdings hat das Magazin «Saldo» herausgefunden, dass noch nicht alle Kantone tatsächlich jedes Fahrzeug überprüfen. Viele Strassenverkehrsämter führen bisher nur Stichproben durch, da es angeblich Lieferengpässe bei den Messgeräten gibt. Das Bundesamt für Strassen stellt jedoch in der Antwort auf eine Interpellation der Grünen-Nationalrätin Marionna Schlatter fest, dass Stichproben den gesetzlichen Anforderungen nicht genügten. Die Messungen müssten bei allen kontrollpflichtigen Fahrzeugen durchgeführt werden.

Garagisten rüsten auf und bieten Messungen an

Stellt das Strassenverkehrsamt bei einer Kontrolle einen defekten Filter fest, so müssen die FahrzeughalterInnen den Schaden innert einer Frist beheben – danach werden sie zu einer Nachkontrolle aufgeboten. Gemäss Markus Peter vom Auto Gewerbe Verband Schweiz bieten auch Garagen Messungen an, um sicherzustellen, dass die Dieselpartikelfilter ordnungsgemäss funktionieren. «Um die Kundinnen und Kunden vor der Motorfahrzeugkontrolle professionell über anstehende Reparaturen beraten zu können, ist eine vorgängige Messung der Anzahl Dieselpartikel sinnvoll und wird mittlerweile von vielen Garagen so praktiziert.»

Markus Peter, Auto Gewerbe Verband Schweiz: «Eine vorgängige Messung der Dieselpartikel ist sinnvoll.»

Teurer Ersatz reduziert Restwert

Ein defekter Dieselpartikelfilter kann teuer werden. Der Ersatz kostet rasch mehrere tausend Franken. Hinzu kommt, dass es bei einigen Filtern im Moment längere Lieferfristen gibt. Dies nicht zuletzt, weil auch andere Länder damit begonnen haben, Dieselfahrzeuge strenger zu kontrollieren. Die Nachfrage nach Filtern ist damit gestiegen.

Die zunehmende Aufmerksamkeit für defekte Dieselpartikelfilter hat auch Auswirkungen auf den Occasions-Markt für Dieselautos: Aufgrund der erhöhten Wahrscheinlichkeit einer teuren Filterreparatur dürften die Restwerte für ältere Dieselautos sinken. Bereits vor der Einführung der neuen Prüfpflicht war die Nachfrage nach Diesel-Occasionen rückläufig. Auch bei den Neufahrzeugen nehmen die Verkaufszahlen seit Jahren kontinuierlich ab. In den ersten fünf Monaten des Jahres 2023 waren nur noch 9,5 Prozent der verkauften Neuwagen dieselbetrieben.

Feinstaub auch aus Benzinmotoren

Allerdings stossen auch Benzinfahrzeuge Feinstaub aus. Ab der Abgasnorm «Euro 6» sind darum Benziner ebenfalls mit Partikelfiltern ausgestattet. Es ist zu erwarten, dass auch dort unerkannte Defekte vorkommen. Allerdings sind diese Feinstaub-Partikel kleiner als jene von Dieselfahrzeugen und lassen sich mit der jetzt eingeführten Methode nicht zuverlässig messen. Daher werden die Abgaswerte dieser Fahrzeuge zurzeit noch nicht kontrolliert. Es ist zu hoffen, dass rasch eine praktikable Methode entwickelt wird, um defekte Partikelfilter auch bei Benzinfahrzeugen zu entdecken.


Motorfahrzeugkontrolle

Bei der Motorfahrzeugkontrolle (MFK) überprüft das kantonale Strassenverkehrsamt, ob ein Fahrzeug die gesetzlichen Vorschriften einhält. Personenwagen müssen erstmals fünf, leichte Nutzfahrzeuge vier Jahre nach der Inverkehrssetzung in die MFK. Die zweite Kontrolle erfolgt drei Jahre später, danach werden die Fahrzeuge alle zwei Jahre aufgeboten.