Europas Politiker gehen gegen E-Trottis vor, warum stören sie sich nicht an Monster-SUVs?

  • William Todts, Executive Director von T&E
  • 6. Dezember 2023
Autos werden immer grösser. Im Durchschnitt wächst die Breite der Neuwagen jedes Jahr um einen halben Zentimeter.
Bild: Adobe Stock / Kay Fochtmann


Im September trat in Paris das weltweit erste demokratisch unterstützte Verbot von Elektro-Trottinetten in Kraft. Auch Malta hat gerade den Verleih von E-Trottinetten verboten.

E-Trottinette können ein Ärgernis sein. Daher ist es nur fair, dass sie mit Vorschriften zu Sicherheit und Höchstgeschwindigkeit reguliert werden. Doch wenn es um Platz und Sicherheit geht, ist die Mikromobilität nicht das größte Problem der Städte. Anne Hidalgo, die Bürgermeisterin von Paris, hat das verstanden und ein Referendum über SUVs angekündigt.

Die Durchschnittsgröße von Autos ist in den letzten Jahren stark angestiegen. SUVs spielen dabei eine große Rolle, aber sie sind nicht alle gleich. Es gibt einen klaren Unterschied zwischen dem Renault Captur, einer höhergestellten Version des Kleinwagens Clio, und Monster-SUVs wie dem X5-7 von BMW, der GL-Serie von Mercedes oder Pickup-Trucks im amerikanischen Stil. Die Daten zeigen, dass einige SUV-Typen zwei- bis dreimal so tödlich sein können wie normalgroße Autos. So sind beispielsweise Kinder direkt vor einem Dodge Ram Pickup nicht sichtbar.

Immer breiter

Der Breitenunterschied zwischen riesigen Geländewagen wie dem BMW X5-7 und einem VW Golf ist auf 20 cm angewachsen. Der Trend zu großen SUVs hält an, und die durchschnittliche Breite der Neuwagen wächst jedes Jahr um einen halben Zentimeter. Da unsere Straßen und Parkplätze nicht wachsen, schrumpft der Platz, der für Radfahrer und Fußgänger oder normale Autos bleibt. Derweil kommen jedes Jahr 6500 Fußgänger und Radfahrer auf europäischen Straßen ums Leben.

Da unsere Straßen und Parkplätze nicht wachsen, schrumpft der Platz, der für Radfahrer und Fußgänger bleibt.

Die Premiummarken befinden sich in einem Wettrüsten um immer größere Fahrzeuge. Premium-Autos sind Trendsetter. Früher haben wir über "Chelsea-Traktoren" gescherzt. Was früher ein Exzess war, wird jetzt zur Norm.

Pickups sind ein gutes Beispiel dafür. Der Autor dieses Textes dachte immer, Pickups seien eine rein amerikanische Sache, aber das stimmt nicht mehr. Wie wir aufdecken konnten, werden heute Tausende von amerikanischen Pick-ups nach Europa importiert, obwohl sie die europäischen Sicherheits-, Schadstoff- und CO2-Normen nicht erfüllen. In Ländern wie meiner Heimat Belgien nutzen US-Monstertrucks Steuererleichterungen für Lieferwagen und LPG-Nachrüstungen, um Steuern zu vermeiden. Infolgedessen gab es 2021 etwa 65'000 Pick-up-Trucks in Belgien - viel mehr als die 40'000 Elektroautos, die in dem Jahr auf den Straßen waren.

Was ist zu tun?

Zunächst müssen wir uns darüber klar werden, was ein echtes Problem ist und was nicht. Wir brauchen keinen Kulturkrieg über hochgelegte Kleinwagen. Pick-up-Trucks und Monster-SUVs sind das Problem, und wir brauchen eine öffentliche Debatte über diese 3-4 % größten Autos, den Platz, den sie beanspruchen, und die Gefahr, die sie darstellen.

Zweitens sollten wir die Vorlieben einiger Autokäufer nicht zu moralisch sehen. Es ist eine Frage der Produktsicherheit. Erlauben wir den Autoherstellern, immer größere und gefährlichere Fahrzeuge auf unsere Straßen zu bringen? Derzeit gelten für Autos die gleichen Breitenbeschränkungen wie für schwere LKW. Das ist verrückt. Was wir brauchen, ist eine Obergrenze für die Größe und vor allem die Breite von Autos.

Derzeit gelten für Autos die gleichen Breitenbeschränkungen wie für schwere LKW. Das ist verrückt.

Die EU könnte dies mit einem Federstrich erreichen, und in diesem Moment reichen Mitglieder des EU-Parlaments Änderungsanträge ein, in denen sie die Europäische Kommission auffordern, die maximale Breite von leichten Nutzfahrzeugen zu überprüfen und zu begrenzen.

Drittens kommt den lokalen Regulierungsbehörden eine wichtige Rolle zu. Die Parkgebühren könnten je nach Breite oder Größe gestaffelt werden - was leichter durchzusetzen wäre als auf Basis der Masse. Fahrzeuge, die den normalen Parkraum überschreiten, könnten verpflichtet werden, in speziellen Zonen zu parken, entweder auf größeren, teureren Plätzen oder auf Parkplätzen außerhalb des Stadtzentrums.

Anne Hidalgo, die Bürgermeisterin von Paris, hat gerade einen Schuss vor den Bug der Autoindustrie abgegeben. Das Pariser Referendum könnte eine Schlüsselrolle bei der Beendigung des Wettrüstens um die Größe der Autos spielen. Hidalgo sollte ein Mandat anstreben, das Paris die Flexibilität gibt, die Parkgebühren nicht nur nach Gewicht, sondern auch nach Größe zu staffeln. Paris kann dazu beitragen, ein erstes Signal an die europäische Autoindustrie zu senden, was akzeptabel ist und was nicht. Die EU sollte ihren Teil dazu beitragen. Im Fall der riesigen SUVs geht es wirklich um Leben und Tod.

William Todts ist der Direktor von Transport & Environment (T&E), der europäischen Dachorganisation der Umwelt- und Verkehrsverbände. Dieser Text wurde erstmals am 1. Dezember 2023 bei T&E auf Englisch veröffentlicht und vom VCS übersetzt.

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