Der Werkhof der Firma Merlin Gärten in Volketswil fällt auf.
Das Gebäude ist aus Holz und das Dach ist mit Solarzellen bedeckt. Das ist für
eine Gärtnerei ungewöhnlich. Wer noch näher kommt, sieht den brandneuen,
elektrisch angetriebenen Kipplader vom Typ EV80 des Herstellers Maxus Motors
auf dem Hof stehen – ein Fahrzeug, das in der Schweiz noch Seltenheitswert hat.
Vor elf Jahren liess Geschäftsinhaber Daniel Bühlmann eine
Solaranlage bauen. Diese musste ersetzt werden. Vor dem Ersatz floss der Strom
mehrheitlich ins Netz. «Weil die neue Anlage leistungsstärker ist, hatten wir
den Wunsch, den Strom selbst zu nutzen», erklärt er.
Überschaubare Modellauswahl
Aus diesem Grund hat sich Bühlmann entschieden, ein
Elektrofahrzeug zu kaufen. Die Frage nach dem Modell stellte sich nicht gross:
Es war klar, dass es für eine Gärtnerei ein Kipplader sein musste. In der
Schweiz sind zurzeit lediglich zwei entsprechende Lieferwagen auf dem Markt:
der Renault Master Z.E. und eben der Maxus EV80. «Ausschlaggebend waren die
gute Beratung und die Verfügbarkeit zum Kaufzeitpunkt», sagt Bühlmann zum
Entscheid für den kürzlich ausgelieferten Maxus.
Zwar kostet ein Elektro-Lieferwagen deutlich mehr als ein
vergleichbarer Verbrenner, aber dafür sind die Betriebs- und Wartungskosten
geringer. Der firmeneigene Solarstrom steht – ganz im Gegensatz zum Benzin –
kostenlos zur Verfügung. Zudem spart die Gärtnerei beim Elektrofahrzeug durch
die tiefere Verkehrsabgabe und geringere Unterhaltskosten.
Rundum ökologischer Betrieb
Bei Merlin Gärten spielt aber auch Idealismus mit. «Schon beim
Neubau des Werkhofs haben wir ökologische Kriterien berücksichtigt», sagt
Bühlmann und führt stolz durch das Gebäude. Die gesamte Konstruktion besteht
aus Holz. Isoliert und beheizbar sind lediglich die Aufenthaltsräume und das
Büro. Geheizt wird entweder mit dem Warmwasser der Sonnenkollektoren auf dem
Dach oder über einen Pelletofen. Das Regenwasser wird in einem Tank gesammelt
und für die Reinigung im Aussenbereich und die Bewässerung verwendet.
Die Stromproduktion der Solarzellen entspricht dem Verbrauch
von neun Einfamilienhäusern und ist somit um ein Vielfaches höher als der
Verbrauch des Lieferwagens. Nebst dem Elektro-Kipper werden noch diverse
Elektro- Kleingeräte und -Werkzeuge, wie beispielsweise Heckenscheren, mit dem Solarstrom
betrieben.
Der Maxus ist nicht jeden Tag im Einsatz und kann daher
tagsüber geladen werden, wenn die Photovoltaikanlage auf dem Dach Strom
produziert. Wird er an zwei Tagen nacheinander gebraucht, muss er über Nacht
mit Strom aus dem Netz geladen werden. Das Laden dauert laut Hersteller 8.5 Stunden.
«Das Fahren ist viel angenehmer als
mit den anderen Lieferwagen im Betrieb, bei welchen man am Schalthebel reissen
muss»
Christian Bührle
Um den eigenen Strom noch besser nutzen zu können, möchte
Bühlmann einen Stromspeicher anschaffen – damit der Lieferwagen in Zukunft auch
in der Nacht mit dem eigenen Solarstrom geladen werden kann. Insgesamt sind bei
Merlin Gärten sechs Lieferwagen in Betrieb. Die ganze Flotte zu
elektrifizieren, ist im Moment nicht geplant. Die Anschaffungskosten für den
Ersatz der fünf konventionellen Fahrzeuge wären schlicht zu hoch. Dafür plant
Bühlmann den Kauf eines Cargobikes als Ergänzung zu den Lieferwagen.
Reichweite kaum ein Thema
Die Reichweite des Maxus beträgt 160 Kilometer. Da Merlin
Gärten ein regional und lokal tätiges Unternehmen ist, legt ein Fahrzeug selten
an einem Tag mehr Kilometer zurück. In solchen Ausnahmefällen können die
Mitarbeitenden einfach die Fahrzeuge untereinander abtauschen. «Und in
Notfällen dürfen wir ihn auch bei den Kundinnen und Kunden aufladen», sagt
Bühlmann.
Christian Bührle ist Mitarbeiter bei Merlin Gärten und hat mit
dem Maxus in den letzten Tagen erste Erfahrungen gemacht. Er hat viel Freude am neuen Elektro-Kipplader. Das Fahrzeug
beschleunigt schneller als ein Verbrenner.
«Das Fahren ist viel angenehmer als
mit den anderen Lieferwagen im Betrieb, bei welchen man am Schalthebel reissen
muss», sagt Bührle. Der EV80 ist mit allem Komfort ausgestattet, den man von
einem modernen Lieferwagen erwartet.
«Nur beim Überfahren von hohen Randsteinen und ähnlichen
Hindernissen muss man aufpassen, dass man mit dem Wagen nicht auffährt», sagt
er. Denn die Batterie ist unter dem Chassis angebracht und der Abstand zum
Boden ist deutlich geringer als bei einem vergleichbaren Verbrenner. Verstärkt
wird dieser Effekt durch den langen Radstand von 3,85 Metern. Auch Bühlmann ist
überzeugt, dass sich das Fahrzeug bewähren wird: «Wir haben noch nicht viel
Erfahrung damit, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass wir Probleme haben
werden.»
«Vorsichtig sein muss man beim langsamen Fahren», betont
Bührle. Viele Leute seien es nicht gewohnt, einem lautlosen Lieferwagen zu
begegnen und reagierten irritiert. Im Vergleich zu anderen Elektrofahrzeugen
erzeugt der Maxus EV80 kein Warngeräusch beim langsamen Fahren.
Schon in der ersten Woche haben die beiden Männer positive
Rückmeldungen zum Lieferwagen erhalten. Beim Baustoffhändler etwa wollten
andere Kunden das Fahrzeug anschauen und waren überrascht, dass es wirklich
komplett elektrisch ist.
Der elektrische Maxus EV80 Chassis-Kabine mit Kipper von
Merlin Gärten. Im Hintergrund der Werkhof mit Photovoltaik und
Sonnenkollektoren.
Bild: Mauro Schmid, VCS
Dieser Text wurde erstmals im November 2020 in der
Lieferwagen-Umweltliste publiziert.
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